Haben Hunde Mitleid?
Eine Grippe ist im Anmarsch und man fühlt sich alles andere als wohl. Der Kopf dröhnt, die Nase läuft und eigentlich wäre es jetzt Zeit für einen Spaziergang mit unserem Fellträger. Doch der liegt brav neben uns und macht nicht die geringsten Anzeichen, dass er gerne raus möchte. Ob er merkt, dass man sich selbst gerade nicht wohl fühlt? Jeden anderen Morgen möchte er raus und toben, doch heute liegt er dösend auf der Couch.
Die Fähigkeit Mitleid oder Mitgefühl zu empfinden gilt als eine elementare Eigenschaft des Menschen. Doch können auch Tiere und in unserem Fall Hunde Mitleid empfinden? Und inwiefern unterscheidet sich diese Emotion zwischen Mensch und Tier?
Für wild lebende Tiere ist die Fähigkeit Emotionen richtig zu deuten eine wichtige Überlebensfunktion. Zeigt ein Tier im Rudel beispielsweise Angst, so können die anderen Mitglieder der Gruppe dies erkennen und haben die Chance rechtzeitig zu flüchten, sollte sich ihnen ein Feind nähern. Doch ist dieses richtige Deuten von Emotionen auch gleichzusetzen mit Mitleid?
Wissenschaftler erforschten diese Emotionen und fanden heraus, dass alle Hunde auf Tränen der Halter mit fürsorglicher Anteilnahme reagieren. Für viele ist das der Beweis. Doch hört sich ein menschliches Schluchzen häufig ähnlich an wie das klägliche Fiepen eines Welpen. Vielleicht erinnert also unser Schluchzen den Vierbeiner an Geräusche, die auch Welpen machen und wir erregen deshalb seine Aufmerksamkeit?
Schließlich belegen Fakten, dass Hunde
auf Geräusche ihrer Artgenossen deutlich stärker reagieren als auf
die Lautäußerungen von Menschen.
Fühlen was der Andere fühlt?
Wenn wir zum Beispiel sehen, wie sich
jemand schneidet, so zucken wir unweigerlich zusammen weil wir den
Schmerz fast ähnlich spüren. Wir möchten dem Verletzen gerne
helfen. Und dieses Verhalten scheint bei unseren Hunden ähnlich zu
sein. Deshalb liest man auch Geschichten, in denen Hunde ihren
Besitzer in Gefahrensituationen geholfen haben oder Kilometer weit
gelaufen sind um Hilfe zu holen.
Für uns Menschen ist es ein selektiver Prozess, für wen wir Mitleid empfinden und für wen nicht. Anders kann man auch Taten wie Kriege und Morde nicht erklären, während zu Hause ein intaktes Familienleben besteht.
Wir machen uns Sorgen darüber was der Hund in seinen Napf bekommt. Im Gegenzug blenden wir allerdings aus , wie schlecht wir Nutzvieh wie Hühner, Schweine oder Rinder behandeln.
Nachdem wir uns zu wahren Verdrängungskünstlern entwickelt haben, fand die Wissenschaft heraus, dass uns diese Fähigkeit schützt. Denn würden wir mit allem vorhandenem Elend wirklich richtig mitleiden, so wären wir durch emotionale Überbelastung psychisch extrem krank. Genau deshalb differenzieren wir und empfinden vor allem Mitgefühl mit Wesen, die uns nahe stehen. Dieses Verhalten macht biologisch Sinn und wir teilen es mit anderen Säugetieren, so auch dem Hund.
Doch auch biochemisch haben die Gefühle
einen Hintergrund. Das Glückshormon Oxytocin steigert unsere
Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden. Durch das Streicheln unseres
Hundes wird dieses Hormon ausgeschüttet. Wissenschaftlich wurde
belegt, dass auch unser Hund dieses Hormon vermehrt ausschüttet, wenn
er gestreichelt wird. Je vertrauter das Team und je enger die Beziehung ist, desto
intensiver ist dieser Effekt. Man kann also heute behaupten, dass
Rücksichtnahme und Empathie auch bei unseren Hunden eine wichtige
Rolle spielen und unser Vierbeiner tatsächlich Mitleid und Mitgefühl
empfindet.
Fotos: pexels/Andrea Piacquadio, unsplash/Ryk Porras