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Weiß ein Hund etwas über sich selbst?

Hund<br>

Unsere Hunde gehören zur Familie. Das führt nicht selten dazu, dass wir in unseren Hunden so eine Art „besseren Menschen“ sehen und ihnen ohne zu zögern ein Ich-Bewusstsein ebenso zugestehen wie auch gewisse Eigenschaften wie bewusstes Täuschen, bewusste Ignoranz geltender Regeln oder den Verzicht auf den eigenen Vorteil aus purer Liebe zu uns.

Und selbstverständlich „versteht mein Hund jedes Wort, das ich sage, ganz genau!“ und hat „ein schlechtes Gewissen“, wenn er in meiner Abwesenheit den Mülleimer ausgeräumt hat.

Nahezu jeder Hundehalter kann aus eigener Beobachtung die ein oder andere der oben genannten vermeintlichen Eigenschaften des eigenen Hundes belegen.

Aber ist das nun tatsächlich so oder interpretieren wir vielleicht einfach nur das Verhalten unseres Hundes aus unserer sehr menschlichen Sicht?

Erst in den vergangenen Jahrzehnten haben Verhaltensforscher begonnen, das Tier, das uns seit mindestens 20.000 Jahren begleitet, genauer zu erforschen. Dabei sind viele neue Erkenntnisse herausgekommen, die uns helfen, unseren Hund besser zu verstehen und mit dem ein oder anderen Missverständnis aufzuräumen.

Ist sich der Hund seiner selbst bewusst?

Ein beliebter Test von Verhaltensforschern ist der Spiegeltest: Einem Tier wird ein Fleck auf dem Körper angebracht, der nur im Spiegel für das Tier sichtbar ist. Greift das Tier nun an seinen eigenen Körper um den Fleck zu entfernen hat es erkannt, dass es sich selbst im Spiegel sieht. Man schloss daraus, dass das Tier sich seiner selbst bewusst sei.

Bisher haben lediglich Menschenaffen, Elefanten, Delfine und Elstern diesen Test bestanden – Hunde fielen immer durch.

Die Hunde reagierten entweder mit Ignoranz (aber kann nicht auch das ein Ausdruck von „das bin ich ja nur selbst“ sein?) oder aktiv auf die Körpersignale des Spiegelbildes. Zunächst sprach man dem Hund das Selbstbewusstsein ab, da er sich selbst im Spiegel nicht erkenne.

Heute weiß man: Ein Hund kann nur etwas anhand des Geruchs identifizieren – auch sich selbst. Er kann lernen, vertraute Silhouetten zu erkennen, braucht aber die Bestätigung, dass das, was er sieht, auch so riecht wie er es vermutet. Und genau das ist für uns Hundehalter wichtig: Hunde orientieren sich nicht wie wir über die Augen, sondern fast ausschließlich über den Geruchssinn.

Sein Platz im Rudel

Hier gibt es nach wie vor zahlreiche Missverständnisse. Wichtige Erkenntnisse, die jeder Hundehalter kennen sollte: Hunde sind keine Wölfe, Menschen und Hunde sind kein Rudel und ein Hund weiß, dass er kein Mensch ist.

Als Rudel wird ein Familienverband bezeichnet, also untereinander verwandte Tiere der selben Art. Haben wir mehrere nicht verwandte Tiere und andere Lebewesen in unserem Haushalt, so spricht man von einer Gruppe. Die Stellung jedes Einzelnen in dieser Gruppe ist aber überhaupt nicht mit dem Rudelverhalten von Hunden zu vergleichen.

Als Mensch können wir also maximal „Rudelchef“ innerhalb der mit uns lebenden Menschen sein, unser Hund innerhalb der mit ihm lebenden Hunde, sofern er sie als seine Familie anerkennt. Viel wichtiger ist, dass ein Hund seinen Platz und seine Aufgabe innerhalb der Gruppe hat, damit der soziale Verband aus Menschen und Tieren funktioniert.

Haben Hunde ein schlechtes Gewissen?

Das ist eine spannende Frage, mit der sich Forscher sehr intensiv auseinandersetzen. Die große Erkenntnis soweit ist: Sie können vor allem hervorragend beobachten und daraus Schlüsse ziehen. Wenn unser Hund also gelernt hat, dass das Ausräumen der Mülltonne in unserer Gegenwart für ihn negative Aktionen hervorruft verschiebt er diese Tätigkeit auf unsere Abwesenheit.

Hier stellt er fest, dass es keine negativen Auswirkungen hat und der Hund lernt: Wenn Frauchen nicht da ist darf ich das, es hat keine negativen Folgen. Genau so lernen Hunde.

Wenn wir nach Hause kommen und unser Hund zeigt ein Verhalten, das wir als „schlechtes Gewissen“ interpretieren, liegt es nur daran, dass unser Unterbewusstsein schneller ist als unsere bewusste Wahrnehmung: Entweder haben wir bereits die Erwartung, dass der Hund etwas angestellt hat (Erfahrung) oder wir haben tatsächlich den Müll bereits registriert, bevor er von unserem Gehirn bewusst als gesehen gemeldet wurde.

In beiden Fällen sorgt unser Unterbewusstsein bereits für kleinste körperliche Reaktionen – und genau die kann unser Hund, der große Beobachter, erkennen und reagiert direkt mit Beschwichtigungssignalen. Und diese interpretieren wir als „schlechtes Gewissen“.

Den ausgeräumten Mülleimer bringt er damit nicht in Verbindung, auch nicht, wenn wir ihm jetzt beim Müll aufsammeln eine Gardinenpredigt halten. Er weiß lediglich, dass es besser ist, uns jetzt aus dem Weg zu gehen bei der miesen Laune.

Können Hunde bewusst täuschen?

Da unsere Hunde so außergewöhnlich scharfe Beobachter sind und auf Signale reagieren, die wir nicht einmal wahrnehmen, fällt Hunden auch bewusstes Täuschen wirklich schwer: Schon der Gedanke verursacht ja wiederum körperliche Signale und unsere Hunde wissen schlicht nicht, dass wir diese Superkraft nicht haben.

Aber sie sind ja lernfähig: Irgendwann merken sie vielleicht, dass wir so langsam reagieren – und nutzen das dann aus.

Viele weitere wissenschaftliche Untersuchungen sind nötig, um noch deutlichere Antworten liefern zu können, ob und in wieweit der Hund bewusst handelt oder was er konkret über sich selbst weiß.

Klar belegt ist: Hunde sind zweifellos hochintelligente Lebewesen und sollten von uns auch als solche behandelt werden. Dennoch steht fest: Hunde handeln nicht gezielt um ihren Mensch zu ärgern. Verfehlte Kommunikation oder Vermenschlichung sind die häufigsten Missverständnisse im Zusammenleben zwischen Mensch und Hund.

Die Tiere handeln wohl im eigenen Interesse, aber eher vorhersagbar, planbar und vor allem ehrlich. Wir Menschen tricksen und lügen deutlich häufiger. Viel wichtiger ist es, unserem Hund ein geregeltes, soziales Umfeld zu bieten, in dem er sich sicher fühlt und seinen Platz hat, auf den er sich verlassen kann.

Foto: Unsplash/Ruby Schmank