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Mein Hund der Pubertiger

Gestern war noch alles wie immer, heute ist auf einmal alles ganz anders! Seit den ersten Welpentagen war der Hund immer gehorsam, doch auf einmal scheint er kein „Komm“, „Sitz“oder „Platz“ mehr zu kennen. Er wird regelrecht „aufmüpfig“ und stellt anscheinend die Ohren komplett auf Durchzug. Im Grunde genommen kann man das tatsächlich so bestätigen.

Hund mit Stöckchen<br>
Entdecken, ausprobieren und Grenzen testen: Pubertät ist anstrengend

Wann beginnt die Pubertät beim Hund?

Wie bei den menschlichen Teenagern setzt auch beim Hund die Pubertät als Übergang zum Erwachsenwerden ein, wenn die Abhängigkeit von uns als Versorger geringer wird. Plötzlich dreht sich die Welt unseres Hundes nicht mehr um uns allein, er stellt fest, dass es so richtig viel zu entdecken gibt. Parallel dazu treten deutlich sichtbare Veränderungen am Körper auf.

Je nach Größe und Rasse variiert der Eintritt in diese Entwicklungsphase. Große Rassen kommen häufig erst später in die Pubertät und brauchen zudem auch noch länger, um zu einem reifen, psychisch stabilen und sozial gefestigten Hund zu werden. Erfahrungsgemäß stellt man als Halter den Beginn dieser Phase im Alter von fünf bis sechs Monaten fest.

Der Übergang beim Rüden gestaltet sich häufig als eher fließend, während Besitzer von Hündinnen meist die erste Läufigkeit als deutlichen Einschnitt empfinden. Während der Rüde beginnt das Bein zu heben und mehr Interesse an Hündinnen zeigt als an seinem Halter, beginnt bei der Hündin das reinste Gefühlschaos schon einige Zeit bevor die erste Läufigkeit auftritt. Die erste „Hitze“ ist besonders für den Halter zunächst ein ungewohntes Problem, aber auch ein deutliches Zeichen, dass die Hündin nun tatsächlich kein Welpe mehr ist.

Doch nicht nur das Einsetzen der Geschlechtsreife durch die Hormonumstellung verändert das Tier. Inzwischen weiß man, dass genau wie beim Menschen auch Umbildungsmaßnahmen im Gehirn stattfinden. Bereits geknüpfte Synapsen werden aufgebrochen, Nervenzellen werden neu gebildet und neu verschaltet. Aufgaben werden im Gehirn sozusagen „umgelagert“.

Diese Umbauprozesse sind teilweise chaotisch und führen zu Reaktionen, die dem Halter gegenüber nicht böse gemeint sind.  Wenn wir also "Sitz" sagen und unser Hund uns mit großen fragenden Augen anschaut, weil er das Wort noch nie gehört hat, ist es durchaus möglich, dass gerade genau dieses Signal (Wort Sitz = hinsetzen) umgelagert wird. Ein erneutes Einüben mit kurzer Hilfestellung sorgt sehr schnell dafür, dass bereits Erlerntes wieder abrufbar ist.

Biologisch gesehen durchaus positive Aspekte

In freier Wildbahn verlassen die Tiere das elterliche Nest, gehen eigenständig auf Futtersuche und halten nach einem geeigneten Partner Ausschau. Die Eltern werden also sozusagen von ihren Pflichten entbunden.

Doch auch für unsere Hunde ist diese Phase sehr wichtig. Gesteigerte Neugierde, Autonomieansprüche und eine höhere Risikobereitschaft helfen unserem Vierbeiner, den Radius seiner Eigenständigkeit zu erweitern und seine Welt neu zu entdecken.

Ganz wichtig ist in dieser Phase das Zusammentreffen mit anderen Hunden, denn von ihnen lernt der Heranwachsende nun die Spielregeln kennen. Das kann durchaus schon einmal laut sein und selbst dem geduldigsten erwachsenen Hund reißt irgenwann der Geduldsfaden, wenn der Jungspund alle Aufforderungen aufzuhören ignoriert.

Als Hundebesitzer sollte man darauf achten, wann es den anderen Hunden zu viel wird und den Junghund selbst zurücknehmen. Grenzen müssen nun einmal sein, sie gehören im Zusammenleben mit anderen dazu, das muss unser Junior lernen.

Wichtig für den Halter ist es, sich immer wieder bewusst zu machen, dass trotziges Verhalten und Ignoranz gar nichts mit uns selbst zu tun hat. In dieser Zeit brauchen wir eine ganz besonders große Portion Konsequenz, Ruhe und Geduld.

Ist der Halter in dieser Phase mit der Erziehung überfordert oder versteht das Verhalten nicht mehr, so wäre genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um mit einem erfahrenen Trainer zu arbeiten. In der Übergangsphase können sich Angst und Aggression auch festigen und in der Zukunft zu Problemen führen.

zwei spielende Hunde<br>
Kräftemessen mit Artgenossen - in der Pubertät ändert sich das Spiel

Jeder wird irgendwann erwachsen

Wie lange die Pubertät anhält ist so unterschiedlich wie unsere Hunde sind. Neben den charakterlichen Eigenschaften spielen auch die Größe, Rasse und das Geschlecht eine Rolle.

Auch wenn die auffälligsten Verhaltensweisen nachlassen ist der Hund noch nicht vollständig erwachsen. Experten sagen, im Durchschnitt braucht der Hund ein bis zwei Jahre um erwachsen zu werden. Aber auch drei bis vier Jahre sind keine Seltenheit, bis das Tier psychisch und sozial gefestigt ist, vor allem bei Rüden großer Rassen.

Haben Mensch und Hund die Pubertät gemeinsam gemeistert und in dieser Zeit zusammen viel dazugelernt können wir uns über eine intensive Freundschaft mit unserem Vierbeiner freuen und rückblickend über das ein oder andere sicher auch lachen, was der heranwachsende Junghund angestellt hat.

Fotos: Unsplash/Mika Baumeister, Aldo Houtkamp